Wie bei allen Jobs durchlaufen auch Bewerber in der Pflege während des Bewerbungsprozesses verschiedene Stufen. Wird die schriftliche Bewerbung durch den Personaler positiv aufgenommen und der Bewerber scheint ein geeigneter Kandidat für die zu besetzende Stelle, folgt häufig ein Vorstellungsgespräch.

Dieses dient dem gegenseitigen Kennenlernen, aber auch der Überprüfung der Eignung des jeweiligen Bewerbers. Daher sollten Bewerber sich im Vorfeld ausgiebig auf ein Vorstellungsgespräch vorbereiten.

Inhaltsverzeichnis

Informationen einholen

Wer sich einem Vorstellungsgespräch stellt, sollte gut vorbereitet sein. Dazu zählt auch, sich ausführlich über das Unternehmen, bei dem das Gespräch ansteht, zu informieren.

Daher sollten Bewerber im Vorfeld verschiedenste Informationen zu dem potentiellen neuen Arbeitgeber einholen. Dazu zählen vor allem Einzelheiten zur Geschichte des Unternehmens, zur Unternehmensphilosophie sowie weitere wissenswerte Details. Wer gut informiert ist, kann so sein Interesse am Unternehmen bekunden und Pluspunkte sammeln.

Auch über den angestrebten Beruf sollten Bewerber sich im Vorfeld informieren. Dabei sollte geklärt werden, welche Besonderheiten der Beruf mit sich bringt und welche von diesen gegebenenfalls vor allem bei dem Unternehmen der Wahl eine Rolle spielen.

Bewerbungsfragen durchgehen

Um die Eignung eines Bewerbers für die offene Stelle zu überprüfen, greifen Personaler häufig auf standardisierte Bewerbungsfragen zurück. Um diesen nicht planlos ausgeliefert zu sein, sollten Bewerber im Vorfeld diese Fragen durchgehen und sich passende Antworten überlegen.

Bei der Vorbereitung auf die Bewerbungsfragen können auch die Informationen zum Unternehmen zurate gezogen werden. In vielen Fällen ist es sinnvoll, diese in die Antworten einfließen zu lassen. So können erneut Pluspunkte gesammelt werden.

Das raten Experten

Worauf kommt es beim Vorstellungsgespräch wirklich an? Wir haben nachgefragt und Tipps vom Profi erhalten – Achtung Spoiler: Die richtige Selbstdarstellung zählt! Wie aber sieht ein Auftritt aus, der Personaler überzeugt?

Redaktion: Herr Müller, als Personalprofi beraten Sie Top Fachkräfte und Führungskräfte aus dem Bereich Gesundheit und Soziales. Abgesehen von guten Noten und einer respektablen beruflichen Laufbahn – was zeichnet Ihrer Meinung nach eine Spitzenkraft aus?

Thomas Müller:Um eine anerkannte, geschätzte und vor allem erfolgreiche Führungskraft zu sein, spielt neben einer herausragenden Fachkompetenz insbesondere die Sozial- und Führungskompetenz eine immens große Rolle.

Im Bereich der Mitarbeiterführung geht es dabei auf der einen Seite in erster Linie um Wertschätzung und Teilhabe; denn zufriedene Mitarbeiter leisten in der Regel ein Maximum an Arbeit und tragen damit auch wesentlich zum Erfolg eines Unternehmens bei. Auf der anderen Seite muss eine Führungskraft fähig sein, Ziele zu formulieren, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen, diese an ihre Mitarbeiter zu kommunizieren.

Eine Spitzenkraft ist in der Lage, die Bedürfnisse und Interessen der Mitarbeiter mit dem unternehmerischen Interesse zu vereinbaren und Entscheidungen so transparent zu machen, dass die Mitarbeiter diese nachvollziehen können. Schlussendlich gilt: Eine Führungskraft ist immer nur so gut wie ihre Mitarbeiter!

Redaktion: Welche Rolle spielt dabei das Auftreten?

Thomas Müller: Das Auftreten einer Führungskraft spielt bei der Mitarbeiterführung eine große Rolle.

Eine Führungskraft, die Selbstbewusstsein ausstrahlt, wird es einfacher haben als eine, die Unsicherheit ausstrahlt. Denn Unsicherheit überträgt sich oft auf die Mitarbeiter, es verunsichert sie ebenfalls. Einige Mitarbeiter könnten diese Unsicherheit zu ihrem Vorteil ausnutzen. Die Folge sind Machtkämpfe. Anstelle der produktiven Arbeit treten dann innere Querelen, die sich negativ auf den
Unternehmenserfolg auswirken.

Eine sehr dominant auftretende Führungskraft, die „mit harter Hand“ zu führen versucht, verunsichert die Mitarbeiter ebenfalls und lähmt sie in ihrer Produktivität.

Redaktion: Anhand welcher Merkmale oder Kriterien finden Sie schnell heraus, wen Sie vor sich haben?

Thomas Müller: Fernab von dem ersten Eindruck wird in einem Bewerbungsgespräch ziemlich schnell deutlich, mit welcher Persönlichkeit man es zu tun hat. Auf subtile Art und Weise lässt sich bereits an der Körperhaltung erahnen, ob jemand eher schüchtern oder eher selbstbewusst ist.

Vor allem aber wird im Gespräch selbst deutlich, welches Potenzial in einem Bewerber steckt. Wie geht der Bewerber mit kritischen Rückfragen um? Bleibt er gelassen oder wird er nervös und verstrickt er sich schnell in Widersprüche? Kann er komplexe Sachverhalte prägnant und strukturiert darstellen? Diese Fähigkeiten sind für Führungskräfte wichtig.

Natürlich setzt das Ganze auch eine eignungsdiagnostische Kompetenz voraus, die auch durch entsprechende Verfahren wie strukturierte Interviews, verschiedene Interviewtechniken, Assessment Center etc. ergänzt wird. Letztlich spielt hierbei aber natürlich auch der Erfahrungsaspekt und die Menschenkenntnis eine große Rolle.

Redaktion: Nehmen wir an, Sie hätten eine imaginäre Checkliste? Für was vergeben Sie Pluspunkte und für was Minuspunkte?

Thomas Müller: Im Bewerbungsgespräch ist für den ersten Eindruck zunächst ein positives, natürliches und offenes Auftreten von Vorteil, da es im Gegensatz zu einer eher verschlossenen Persönlichkeit schneller „das Eis brechen“ kann und latent eine größere Motivation suggeriert.

Viel wichtiger ist jedoch die Authentizität, also die Echtheit: Bewerber, die eine Rolle spielen, werden in der Regel ziemlich schnell entlarvt. Ein guter Bewerber glänzt durch sehr gutes fachliches Wissen und authentische Darstellung – zu der durchaus das Eingestehen von Schwächen dazugehören kann – sowie durch eine gute Kommunikationsfähigkeit. Ist ein Bewerber nicht fähig zuzuhören und sein Gegenüber aussprechen zu lassen, oder muss man ihm „alles aus der Nase ziehen“, sind das definitiv Minuspunkte. Insbesondere überhebliche Bewerber, die noch dazu versuchen
offensichtliche Schwächen zu beschönigen, schneiden im Vorstellungsgespräch schlechter ab, ebenso wie Bewerber mit großen fachlichen Defiziten.

Redaktion: Wie wichtig ist bei einem Bewerber das Aussehen und die Kleidung?

Thomas Müller: Ich denke, dass angemessene Kleidung und ein gepflegtes Erscheinungsbild in einem Bewerbungsgespräch durchaus relevant sind, da sie maßgeblich zum ersten Eindruck beitragen. Ein wirklicher Minuspunkt kann ein unangemessenes Erscheinungsbild dann sein, wenn der Bewerber in der angestrebten Position zum Beispiel viel Kontakt zu Kunden haben wird. In erster Linie überzeugt
ein Bewerber aber durch seine Kompetenzen.

Redaktion: Wie stellen Sie sich ein optimales Vorstellungsgespräch vor?

Thomas Müller: Von Arbeitgeberseite her sollten die organisatorischen Rahmenbedingungen zunächst so gestaltet sein, dass ausreichend Zeit für das Vorstellungsgespräch eingeräumt wurde und der Bewerber sich in einer entspannten Atmosphäre wiederfindet. Dadurch kann auch seine allgemeine Nervosität reduziert werden.

Aus inhaltlicher Sicht ist natürlich ein kommunikativer, motivierter Bewerber, der dem Arbeitgeber gegenüber aufgeschlossen ist, von Vorteil, so dass sich ein „ungezwungenes“ Gespräch entwickeln kann. Der Bewerber sollte während des Vorstellungsgesprächs die Gelegenheit nutzen, sich und seine Kompetenzen bestmöglich zu präsentieren. Auch hier spielt die Authentizität wieder eine große Rolle. Sie ist für beide Seiten, also Arbeitgeber und Bewerber, sehr wichtig, da die Arbeitgeber auf der einen Seite Fach- und Führungskräfte suchen, die zu ihrem Unternehmen passen.

Und auch die Bewerber auf der anderen Seite sollten schauen: Passt das Unternehmen auch zu mir?

Redaktion: Haben Sie für uns noch drei abschließende Tipps zum Thema Selbstdarstellung?

Thomas Müller: Seien Sie authentisch, stellen Sie nichts dar, was Sie nicht sind, denn das durchschaut Ihr Gegenüber meist sofort. Ein gesundes Selbstbewusstsein zu haben, ist auch immer gut, wobei dies nicht in Überheblichkeit oder Arroganz abdriften sollte. Hier gilt es also, das richtige Maß zwischen Werbung für sich und Bescheidenheit zu finden. Und zu guter Letzt: Oft werden Bewerber gebeten, etwas zu ihrer Person zu erzählen, also aufgefordert, sich selbst prägnant und strukturiert darzustellen.

Besonders interessant ist hier: Was kann der Bewerber, was hat er in den Stationen seines Lebenslaufs gelernt, das ihn jetzt für diese Position und Tätigkeit qualifiziert.

Thomas Müller ist Geschäftsführer der conQuaesso® Personalberatung der contec GmbH.

Er ist Autor zahlreicher Fachpublikationen, Studien und Arbeitshilfen zum Thema. Zudem ist er Lehrbeauftragter und Gutachter diverser Akkreditierungsverfahren sowie Vorstandsmitglied der Akkreditierungsagentur für Studiengänge im Bereich Gesundheit und Soziales – AHPGS e.V.

Studium der Sozialwirtschaft an der Berufsakademie Villingen-Schwenningen mit Abschluss Dipl. Sozialwirt (BA) und berufliche Weiterqualifikation zum Master of Arts (M.A.) an der Universität Duisburg-Essen. Erwerb des Doktorgrades an der Universität Duisburg-Essen im Themenkomplex „Externe Personalbeschaffung“.

Dr. Thomas Müller, contec GmbH